© Harald Krondorfer

Gesamtfahrstrecke: ca. 1600 km

1. Tag:
Wieder mal war der Vorabend lang und wir sind erst gegen halb elf startklar. Trotzdem gibt es eine Zweidrittel-Mehrheit gegen die Autobahn. Also führt uns unsere Route von Ludwigsburg über Aldingen nach Stuttgart und von dort aus über die B27 bis Ulm. Schließlich wollen wir ja heute doch noch die Berge sehen. Hinter Ulm geht es dann aber auf die Landstraße: Weißenborn, Krumbach, Kaufbeuren sind die relativ unspektakulären Stationen. In Kaufbeuren verlassen wir die B16 und schlagen uns über Osterzell und Altenstadt nach Schongau durch. Von der B23 biegen wir in Saulgrub wieder ab in Richtung Murnau und Kochel a. See. Auf der Karte sieht die Kesselbergstraße (B11 zum Walchensee) recht vielversprechend aus. Es spricht auch einiges dafür, dass es so ist, doch leider können wir uns nicht selbst davon überzeugen. Dies ist eine der immer zahlreicher werdenden Strecken, die an Wochenenden und Feiertagen für Motorräder gesperrt ist. Über Sinn und Zweck dieser Maßnahme sagt das entsprechende Schild nix aus. Ich fürchte, wir hätten auch kein Verständnis.
Der Walchensee fällt also aus - zurück nach Bad Tölz und von dort zum Achenpass (941 m). Kurz vor der Abzweigung der B307 sieht der Himmel bedenklich dunkel aus und die ersten richtig dicken Tropfen fallen. Wir können den drohenden Gewitterschauer zunächst noch abwehren, indem wir uns in unsere Regenkombis zwängen. Am Achensee kommen uns die Cabrios schon wieder offen entgegen. Echt toll, so’n Regenkombi!
Da es schon spät geworden ist, beschließen wir, uns im Zillertal eine Unterkunft zu suchen. Und jetzt kriegen wir kurz vor unserem Etappenziel in Fügen doch noch mal eine richtige Dusche ab. In null Komma nix sind wir von Feuerwehrautos umgeben, die irgendwelche Keller auspumpen!

Alpentour 2001

 Übersichtskarte

2. Tag:
Am nächsten Morgen ist das Wetter leider nicht viel besser. Es regnet zwar nicht, die Strassen sind aber nass und die Temperaturen sind merklich kühler als gestern. Folglich sind unsere Tankrucksäcke heute um einiges leichter, da wir deutlich mehr Klamotten am Körper tragen. Unser Weg führt uns über Zell am Ziller zum Gerlospass (1628 m). Endlich ein richtiger Pass! Der macht auch bei Nässe noch Spaß! Wir löhnen unsere 50 Öschis Maut und haben dafür jede Menge Kurven, die auf der Ostseite sogar zunehmend trockener sind. Vielleicht haben wir ja doch Glück mit dem Wetter am Großglockner?

Unsere Hoffnung zerschlägt sich kurz vor Zell am See. Also schnell noch mal pinkeln und wieder rein in die Ganzkörperkondome. Beim nächsten Tanken stelle ich fest, dass ich den Schlüssel für meinen Tank ganz tief in der Lederhose vergraben habe. Echt toll, so ‘ne Regenkombi! Warum passieren mir eigentlich immer wieder die gleichen Anfängerfehler?
Wir zahlen erneut Maut (220 Öschis!) und machen uns auf zu einer “Erstbesteigung”. Die Großglockner- Hochalpenstraße zur Edelweißspitze (2571 m) fehlt uns noch in unserer Sammlung der Alpenklassiker. Tief hängende Wolken, strömender Regen, wenigstens kann das Wetter nicht mehr schlechter werden.

Dachten wir jedenfalls, bis wir an der Edelweißspitze ankommen. Hier geht der Regen nämlich in Schneefall über. Wenigstens frieren wir auch bei einer Temperatur um 2°C nicht, dafür sorgt schon das glitschige Kopfsteinpflaster auf dem Weg, das uns die Schweißperlen auf die Stirn treibt. Oben angekommen, brauchen wir erstmal eine Pause. Im Gasthaus an der Edelweißspitze kann man auch übernachten, bestimmt kein schlechter Tip, wenn man erst abends hier raufkommt.
Aber es ist ja erst früher Nachmittag und uns zieht es in wärmere Gefilde. Also aufsitzen und abfahren. Der Abstecher zur Franz-Josefs-Höhe erübrigt sich, da die Straße wegen Lawinengefahr gesperrt ist.
Kurz vor Lienz schälen wir uns wieder aus der Regenkluft. Und dann sollte sich die neu erworbene Straßenkarte im Maßstab 1:250 000 zum ersten Mal bezahlt machen. Kurz hinter Leisach biegen wir von der “100” ab auf die “Pustertaler Höhenstraße”. Ich würde diese Straße über Bannberg, Vergein, Anras bis Abfaltersbach  als echten Geheimtip bezeichnen, wenn man die Alpen abseits der Hauptrouten erleben will. Die Straße ist größtenteils einspurig, praktisch ohne Verkehr und kurvt durch eine wirklich traumhafte Landschaft oberhalb des Pustertals. Ab Abfalterbach fahren wir nur kurz auf der “100” und biegen dann links ab ins Lesachtal. In Kartitsch nehmen wir uns ein Zimmer und lassen den Tag im Gasthaus bei ein paar Bier ausklingen.

3. Tag:
Der nächste Tag beginnt mit strahlendem Sonnenschein - ganz wie wir ihn bestellt hatten ;-). Die Straße durchs Lesachtal führt über den Kartitscher Sattel (1526 m) und ist genau richtig zum Einschwingen: wenig Verkehr und sanfte Kurven. Wir biegen auf die “111” und fahren über den Plöckenpass (1360 m) nach Italien.

Kurz hinter Paluzza werden wir beim Tanken zu überzeugten Euro-Befürwortern: Obwohl die Tankstelle stolz mit den verschiedensten Kartensymbolen wirbt, funktioniert keine unserer diversen ec- und Kreditkarten. Der Tankwart versuchte zwar widerwillig, die Daten zu seiner Bank durchzumorsen, fand aber auf der Gegenseite wohl niemanden, der das gleiche Morsealphabet wie er beherrscht. Da wir uns keine Lire als Ballast aufladen wollen und da unsere DM-Reserve bereits an die Zimmervermieter gegangen ist, wechselt mein letzter Euroscheck den Besitzer.

Dieser Tankstopp hat uns ca. eine dreiviertel Stunde gekostet. Etwas genervt setzen wir unsere Fahrt fort und stoßen bei Sutrio auf ein interessantes Hinweisschild zum Monte Zoncolan. Interessant deswegen, weil wir diesen Übergang nicht auf unserer Karte finden können. Auf der Karte ist hier nur ein namenloser “Fahrweg “ verzeichet. Wir folgen den Schildern und finden ein steil in Serpentinen ansteigendes Sträßchen, das uns in ein Schigebiet bringt. Dann wird die Straße schotterig. In einer Baustelle ist der Schotter so fein und tief, dass sich mein Hinterrad schon einzugraben beginnt. Mit Ach und Krach schaffe ich es durch die Baustelle und kurz darauf stehen wir auf dem Mt. Zoncolan (1490 m). Die Straße nach Liariis macht hier den Eindruck einer alten und vergessenen Militärstrasse. Es gibt zwei enge und dunkle Tunnel, in denen die tief ausgewaschenen Rinnen darauf lauern, uns ein Bein (Rad) zu stellen. Hier ist Axel mit der Enduro erstmals so richtig in seinem Element.
Ab Ovaro folgen wir ca. 3 km der “355” und biegen dann auf die “465” ins Val Pesarina ein. Wieder so eine Straße, die auf der Karte durch einen grünen Strich als “landschaftlich besonders schöne Strecke” geadelt wird. Bei einer Ortsdurchfahrt glaube ich meinen Augen kaum zu trauen: Steht der alte Turm unmittelbar neben der Straße nicht deutlich schief? Leider habe ich mir den Namen des Ortes bzw. des Turmes nicht gemerkt, vielleicht kann mir der ein oder andere Leser weiterhelfen. Schiefe Türme gibt es eben nicht nur in Pisa!

 Gerlospass

 Großglockner

Pustertaler Höhenstraße

 Plöckenpass

 Monte Zoncolan

im Val Peasrina
Der Berg ruft!
Würzjoch
Hahntennjoch

 Val Pesarina

 Der Berg ruft !

Würzjoch

 Hahntennjoch

Axels Kuh will auf die Weide

Über den Sella di Razzo (1760 m) und Sella Ciampigotto (1790 m) gelangen wir nach Laggio und Lozzo di Cadore. Wir nehmen die Hauptstraße “51” über Pieve di Cadori. Kurz hinter Valle di Cadori zweigt ein kleines Sträßchen über den Passo Ciabana (1530 m) nach Forno di Zoldo ab. Wieder mal ein echter Höhepunkt! Wir folgen der “251” über den Forcella Staulanza (1773 m) nach Seva di Cadore.
Eigentlich sind die bekanntesten Dolomitenklassiker jetzt ganz nahe (vgl. Tour 1999). Nach einem Blick auf die Uhr entscheiden wir uns aber dafür, die “Sella Ronda” diesmal links liegen zu lassen und wenden uns nach Norden dem Pso. di Falzarego (2117 m) zu. Kurz vor der Passhöhe zweigt die Straße zum Pso. di Valparola (2197 m) ab. Auch diese Strecke ist - wie so viele in den Dolomiten - als landschaftlich besonders reizvoll gekennzeichnet und trägt dieses Prädikat vollkommen zu Recht. Wir nehmen die “244” in Richtung Norden bis St. Martin. Hier zweigt die Strasse zum Würzjoch (2006 m) ab. Auch dieses einspurige Sträßchen begeistert mich wieder. Nach ca 10 km gelangen wir an eine Absperrung und ein “Durchfahrt verboten”-Schild. Hier einfach umzukehren, kommt für uns nicht in Frage. Wir wollen doch wenigstens wissen, warum diese wunderschöne Straße plötzlich nicht mehr zu befahren sein soll. Also ignorieren wir Schild und Absperrung und gelangen problemlos und unbehelligt nach St. Georg und von hier aus nach Brixen. Entweder hat sich da jemand einen Scherz gemacht oder (wahrscheinlicher) irgendwelche Waldarbeiter haben irgendwann einfach ihre Schilder nicht mehr eingesammelt und keiner hat’s bislang gemerkt.
In Brixen verabschieden wir uns von Axel, der sich schon seit einer Weile mit Zündproblemen rumärgert und deswegen den Spaß am Pässefahren für dieses Mal verloren hat. Er möchte auf der Autobahn so weit wie möglich in Richtung Heimat kommen. Wir schließen eine Wette ab, wo er wohl die gelben Engel vom ADAC rufen wird und fahren zu zweit weiter. Leider gilt für das Timmelsjoch noch Wintersperre, und so führt der Weg nach Norden nur über den Brenner (1374 m). Zum Glück ist auf der Brennerstraße extrem wenig los, so dass wir einerseits flott vorankomen und andererseits das Fahren auch auf einer dermaßen breiten Straße noch Spaß bereitet. Allerdings ist inzwischen die Sonne untergegangen und es wird empfindlich kühl. Wir kommen an diesem Abend noch bis nach Telfes im Stubaital, wo wir uns wie immer privat einquartieren. Es kommt uns sehr gelegen, dass gerade Mützen - Verzeihung - Schützenfest ist. Das Bier ist billig und für Kurzweil ist gesorgt  :-).

4. Tag:
Heute wollen wir möglichst zügig zurück, da Carsten noch heute abend weiter nach Hildesheim fahren muß. Trotzdem wollen wir noch ein paar Bergstraßen mitnehmen und so meiden wir die Autobahn und fahren auf der Bundesstraße über Innsbruck nach Telfs. Hier haben wir genug von der vielbefahrenen Hauptstraße durchs Inntal und wir zweigen ab nach Nassereith. Wir erfahren, dass die Wintersperre für das Hahntennjoch gerade aufgehoben wurde und entschließen uns, dies noch “mitzunehmen”. Obwohl mit 1903 m nicht so wahnsinnig hoch, ist das Hahntennjoch doch einer der Pässe, für die immer eine recht lange Wintersperre gilt. So war es bei unseren Touren 1997 und 1999 jeweils gesperrt und wir mussten damals durch das Namloser Tal ausweichen. Der Grund liegt darin, dass die recht enge Straße durch ein Lawinenfeld führt, weshalb die Strecke immer erst recht spät freigegeben werden kann.
Bei strahlendem Sonnenschein fahren wir durchs Lechtal nach Warth und über den Hochtannbergpass (1679 m) nach Schoppernau. In Au erinnere ich mich daran, wie ich im letzen Jahr meinen Obulus an den örtlichen Gendarmen entrichten musste, und siehe da: Als wir an der Stelle vorbeifahren, sehen wir, wie sich die selben “Raubritter” wieder auf die Lauer legen! Ha, diesmal kriegt ihr mich aber nicht!
Unser restlicher Heimweg gestaltet sich recht anstrengend: Es ist tierisch heiß, die Lederkombi klebt, der Helm juckt, der Rücken und der Hintern schmerzen. Erst hier auf der vergleichsweise langweiligen Strecke über Bregenz, Lindau, Meersburg und Hegau treten diese Zipperlein so richtig in den Vordergrund. So schnell wie möglich rutschen wir daher auf der A81 nach Hause bis nach Ludwigsburg.