Gesamtfahrstrecke: 815 miles (ca. 1130 km)
Harry’s zweite Tour an den Mississippi steht Ende Juni an. Diesmal habe ich meinen Freund Lutz an meiner Seite, der uns gerade aus Ludwigsburg besucht.
Donnerstg, 23. Juni:
An einem brütend heißen Tag starten wir von Mundelein gen Westen. Lutz hat sich die Harley ausgesucht, also nehme ich die Buell. Als uns der Highway 176 zu langweilig wird, biegen wir kurz for Rockford nach Norden ab und tasten uns auf kleinen Nebenstrecken an der Grenze zu Wisconsin voran. Fotos haben wir von diesem Abschnitt keine, es ist einfach zu heiß: Jedesmal wenn wir anhalten, läuft uns sofort die Brühe...
In Dubuque stoßen wir dann auf den Mississippi. Irgendwie hat der es mir besonders angetan: Ist schon ein majestätischer Strom! Der eigentliche Spaß kann jetzt beginnen. Schon als wir uns dem Mississippi näherten, wurde es hügliger und die Gegend im Norden kenne ich ja bereits aus dem vergangenen Jahr. Solange man nicht mit der Erwartung herkommt, Serpentinen und Passstraßen anzutreffen, wird man nicht enttäuscht. Es gibt keine spektakulären Strecken, aber rundrum schöne. Der Straßenbelag wird bei der Hitze im übrigen auch schon stellenweise weich, und so lassen wir es langsam angehen. Am Abend quartieren wir uns in einem Motel in Prairie du Chien ein. Wir holen ein paar Dosen Bier und kühlen uns im Pool ab. Der Pool war das Auswahlkriterium - vielleicht hätten wir uns auch die Zimmer ansehen sollen, die sind nämlich unterer Standard. Na ja, für eine Nacht geht’s und nach ein paar Bieren sieht das alles schon ganz anders aus.
Es stellt sich heraus, dass sich eine größerer Gruppe Biker eingemietet hat und so reden wir ein bisschen Benzin. Unser Zimmernachbar ist ganz stolz auf seine Gold Wing und wir müssen uns das Witzeln ganz arg verkneifen: Alles an Bord: CD, Sprechfunk, Navi, Gepäckraum für eine Großfamilie, Sitzgarnitur,... Wenn man will kann man auch eine Einbauküche einbauen lassen. Die Räder sieht man an dem Ding nicht mehr, und der Besitzer konnte uns auch nicht auf Anhieb sagen, wie viele eigentlich dran sind.
Wisconsin 2005
Freitag, 24. Juni:
Vielleicht hatten wir doch ein Bier zuviel (geht das überhaupt mit amerikanischem Bier?), jedenfalls haben wir am nächsten Morgen einigermaßen verpennt. Etwa fünfzig bikes (und nicht alles säuselnde Goldwings) müssen an unserem Zimmer vorbeigefahren sein, ohne dass wir etwas gehört hätten.
Es ist schon wieder tierisch heiß und so beschließe ich, die Lederjacke einzupacken und stattdessen in Jeansjacke zu fahren. Alte Sünden, eigentlich wollte ich das doch nicht mehr machen) Schöön langsam, versteht sich. Bei McDoof ist die Frühstückszeit schon vorbei und so müssen wir mit Kaffee und Hamburger zum Frühstück vorlieb nehmen. Schmeckt ja eh alles gleich...
Wir fahren auf Nebenstaßen nach Norden. Bei manchen Ortsnamen müssen wir schon lachen: Möchtet Ihr etwa in “Gays Mills” - Schwulenmühle - leben? Oder in “Hustler”? Da würde ich doch “Rising Sun” vorziehen (alles Orte, durch die wir im Laufe der Tour durchfahren).
Bei Genoa kommen wir wieder an den Mississippi. Wir besorgen uns was zu essen und machen Pause in einem Park am Fluß. Es gibt sogar einen kleinen Sandstrand, wo die Leute baden. Soviel Zeit nehmen wir uns dann aber nicht, schließlich wollen wir noch ein bisschen fahren. In La Crosse beschließen wir, mal auf die andere Seite zu fahren und das westliche Ufer in Minnesota zu erkunden. Weit kommen wir allerdings nicht: Von Westen nähert sich eine dunkle Wolke und schon bald fallen die ersten Tropfen. Da wir natürlich keine Regenkombis dabei haben und da es östlich immer noch besser aussieht, drehen wir um. Wieder in Wisconsin schaffen wir es doch tatsächlich, dem Regen auszuweichen und trocken zu bleiben. Auf kleinen Nebenstrecken und immer dem Regen ausweichend, gelangen wir schließlich nach Black River Falls. Es ist schon recht spät und wir sind hungrig und so suchen (und finden) wir ein Motel.
An der Rezeption erfahren wir, dass an diesem Wochenende nicht weit weg eine große Bikerparty steigen soll. Wir denken uns, dass das genau das Richtige ist und machen uns nach einer Pizza im Pizza Hut auf den Weg. Wir finden auch den Campingplatz, nur leider stellt sich heraus, dass es sich wohl eher um ein sehr lokales Treffen handelt. Na egal, wir haben ja sonst nix vor. Wir stellen unsere Mopeds ab und schauen uns um. Ziemlich lahm das alles. Da kommt doch tatsächlich ein Ordner auf uns zu und möchte uns Eintritt abknöpfen! $20 pro Nase! Wir lehnen dankend ab und machen uns aus dem Staub.
Am Abend lernen wir noch eine Besonderheit in Wisconsin kennen: Als wir noch ein Bier als Schlummertrunk kaufen wollen, sind in allen Supermärkten die Bierregale abgesperrt. Wir erfahren, dass es per Gesetz verboten ist, nach 9.00 p.m. Bier zu verkaufen. Verstehe einer Amerika!
Samstag, 25. Juni
In der Nacht hat es geregnet, aber als wir am Morgen die Mopeds packen, sind die Straßen trocken. Allerdings hängen wieder graue Regenwolken bedrohlich am Himmel. Ohne Regenkombis bleibt uns nichts anderes übrig, als immer wieder in den Himmel zu schauen. Wir halten uns südöstlich, fahren auf Nebenstrecken nach Union Center und weiter nach Spring Green.
Auf einer dieser Strecken habe ich eine Schrecksekunde. Die Buell zickt ein paarmal und hat Aussetzer. Ich habe den Kill-switch am Seitenständer in Verdacht und fummele mit meinem Fuß am Ständer herum. Nicht dass ich zu schnell gewesen wäre, aber wegen dieser Unaufmerksamkeit war ich ein bisschen spät dran für die folgende Linkskurve. Am Kurvenausgang ging mir dann glatt die Straße aus. Zum Glück war an dieser Stelle kein besonders tiefer Graben und ich konnte durch die Wiese holpern, ohne Schaden zu nehmen. Warum können die Amerikaner denn die Ideallinie nicht durchgehend asphaltieren (siehe Foto)?
Ohne weitere Zwischenfälle erreichen wir Monroe, WI. Der Himmel ist wieder strahlend blau und die Temperaturen in den 90ern (um die 33°C). Bis Beloit fahren wir noch in Wisconsin, dann halten wir uns südlich und kommen nach Illinois. Wir umfahren wieder Rockford und über Mc Henry und Volo erreichen wir Mundelein. Die letzten Meilen sind wieder die Hölle. Das Hinterteil und die Hangelenke schmerzen und ich möchte nur noch vom Moped runter. Warum ist das immer so, dass die letzten 1 1/2 Stunden so nervig sind?
Nach etwas mehr als 1300 km sind wir uns einig, dass der Westen Wisconsins eine gute Gegend für ausgedehnte Motorradtouren ist. Sicherlich nicht mit den Alpen vergleichbar, gibt es dennoch ausgezeichnete Straßen mit wenig Verkehr.